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Rechtsrockland Thüringen

Wieder einmal sollte mit „Rock gegen Überfremdung III“ das größte Neonazikonzert Deutschlands in Thüringen stattfinden. Tausende Nazis zog es aus der Bundesrepublik, Europa und der ganzen Welt nach Mattstedt. Am Vorabend wurde das Fesitval allerdings verboten. Es folgte eine Ausweichveranstaltung in Kloster Veßra. (Bilderlink) Nach dem Verbot starteten die Nazis Anfang Oktober um den Anmelder Steffen Richter einen weiteren Versuch auf dem Apoldaer Marktplatz. Da auch dort die Nazis mit Einschränkungen oder sogar einem Verbot rechneten, haben sie ein Privatgelände am Rande Magdalas auserkoren. Am Freitag (05.10.2018) kamen über Tausend Neonazis nach Magdala. Da sie das Gelände nicht nutzen durften mussten sie nach Apolda ausweichen, wo sie eine Kundgebung auf dem Marktplatz (https://apolda.thueringer allgemeine.de/web/apolda/startseite/detail/-/specific/Die-Polizei-zieht-erste-Bilanz-Mehrere-Anzeigen-beim-Rechtsrock-Konzert-in-Apol-816737942) mit circa 750 Nazis abhielten. Am Samstag folgte eine erneute Kundgebung, bei der die Nazis die Bullen mit Flaschen und anderen Gegenständen angriffen. Der Anmelder beendete daraufhin die Kundgebung. Ein knappes Jahr später stehen wir nun wieder vor einigen Konzerten und Festivals der neonazistischen Szene aus ganz Europa.

Das Festival

Angekündigt waren zum 25.08.2018 mindestens 5000 Neonazis aus der ganzen Welt. Bereits in der Nacht zuvor waren mehrere Neonazigruppen in den umliegenden Städten Erfurt, Apolda, Weimar und Jena unterwegs. Nach der staatlichen Unterbindung des Festivals am Freitagabend (24.08.2018) organisierte Tommy Frenck in seinem Gasthaus „Goldener Löwe“ in Kloster Veßra die Ersatzveranstaltung mit circa 400 Neonazis. (Bildquellen) Marco Zint, der Gothaer Neonazi, erklärt das Verbot mit den Unklarheiten über die Besitz- und Nutzungsansprüche des Geländes. Die für Mattstedt angekündigten Bands traten teilweise hier auf. Es spielten unter anderem F.i.e.L. Schlussendlich konnte das Konzert Anfang Oktober ebensowenig nicht in Magdala stattfinden. Nachdem das Verwaltungsgericht Weimar und das Oberverwaltungsgericht die Auflagen für das Konzert kippten, suchten am 05.10.2018 750 Neonazis den Apoldaer Marktplatz auf. Am Samstag waren es insgesamt bis zu 600. Tickets gab es im Vorfeld für den Preis von 25 Euro zu kaufen. Wer wollte hatte auch die Möglichkeit die Tickets für 30 Euro pro Stück zu kaufen. Diese behielten ihre Gültigkeit für beide Tage. Dennoch konnte keine Kundgebung oder musikalische Einlage die erwartete Zahlen von bis zu 5000 Nazis erreichen. Über die Tage verteilt kam es vermehrt zu Hitlergrüßen und der offenen Zurschaustellung nationalsozialistischer Gesinnung. Am Samstagabend griffen die Neonazis die Bullen an und versuchten ohne Vorkontrollen die Kundgebung auf dem Marktplatz zu erreichen. Dies gelang ihnen nicht und nach mehreren Scharmützeln und Festnahmen erklärten die Nazi-Anmelder die Kundgebung für beendet. Dieser Abend zeigte aber auch den ungeklärten Umgang der Nazis mit er Situation. Während die Anmeldung als politische Versammlung eher Mittel zum Zweck ist, trafen am Samstag die Welten von Nazis mit Demonstrationsverständnis (Schmidtke, NPD usw.) auf das abenteuerliche und konzertorientierte Publikum. Die Mischung wurde zum Desaster. So meldete sich Schmidtke noch per Livekommentar auf Twitter und resümmierte, dass diese Veranstaltung „wenig mit patriotischen Widerstand“ zu tun hätte. Gerade in Zeiten der rassistischen Massenmobilisierungen ist es für die Neonazis unabdingbar sich als Helfer*Innen des „deutschen Volkes“ inszenieren zu können. Sich mit Bullen rumzuprügeln passt da eher weniger ins Bild. Die Erfolge der letzten Wochen können dabei erlahmen. Wirklich immens ist der wirtschaftliche Schaden für die Organisatoren. In den nächsten Monaten und Jahren wird sich dazu noch der politische Schaden zeigen. Die Turonen standen immer für gut organisierte Konzerte. Dieses Versprechen konnten sie an insgesamt drei Tagen und fünf verschiedenen Orten nicht einlösen. Der Ärger in der Neonaziszene – vor allem der ausländischen – ist gewaltig. Geldforderungen wurden geäußert und über die Organisatoren gespottet.

Der Standort Thüringen

Thüringen ist mittlerweile für rechte Akteur*Innen ein zentraler Ort geworden. In Südthüringen betreibt Tommy Frenck vom Bündnis Zukunft Hildburghausen seine Gaststätte in Kloster Veßra. In Eisenach (Quelle) sind Naziaktivitäten das Normalste der Welt. Im Eichsfeld lebt mit Björn Höcke eine der wichtigsten Personen der neuen Rechten. Er genießt bundesweite Anerkennung für seine nationalistische Gesinnung, nicht nur in der AfD. In Erfurt betreiben Thüringer Neonazis um Michel Fischer und Enrico Biczysko mit dem Verein „Volksgemeinschaft e.V.“ eine Immobilie am Herrenberg, die unter anderem Kampfsport für Kinder anbietet. Nach der Auflösung des „Die Rechte“-Ablegers in Thüringen (Quelle) ist momentan davon auszugehen, dass sie sich wieder auf ihre AN-Aktivitäten besinnen. In Kahla gibt es neben einer Nazi-WG den wunderschönen Marktplatz zu sehen. In den meisten Regionen Thüringens treffen nationalistische Vorstellungen auf keinen Widerspruch, sondern eher auf Aktzeptanz. Vernichtungsphantasien und der Wunsch nach einer autoritären Wende in allen privaten wie öffentlichen Bereichen sind keine Tabus mehr. Thüringen bietet der Naziszene in vielerlei Hinsicht gute Bedingungen. Es ist in Deutschland und Europa zentral gelegen, bietet sich außerdem räumlich für Großereignisse an. Das Bundesland besitzt durch den NSU-Komplex eine öffentliche Geschichte. Sie werden als Held*Innen verehrt. André Emminger, der das Kern-Trio jahrelang unterstützte und bestens mit ihnen befreundet war, besuchte 2018 wieder ein Solidaritätskonzert für die im Ballstädt-Prozess angeklagten Täter*Innen in Kirchheim. Die mittlerweile entstandenen rechten Rückzugsräume erstrecken sich über das ganze Bundesland und sind gut miteinander vernetzt. Laut Mobit gibt es Stand 2017 15 eindeutig rechtsradikale Immobilien. (Quelle Mobit) Es gibt ein vielfältiges Programm, dass auf unterschiedliche Art und Weise Menschen ansprechen kann: Großereignisse wie Themar oder Mattstedt, Konzerte wie in Blankenhain, kleine Liederabende wie bei Patrick Wieschke in Eisenach, Bildungsveranstaltungen in Schnellroda, Kampfsport in Schmölln und Erfurt. Auch ist die behördliche Unterbindung wie bei „Rock gegen Überfremdung III“ als Einzelfall zu bewerten. Während Privatveranstaltungen wie in Kirchheim (Quelle Video 2018, andre emminger) gar nicht tangiert werden, sind die letzten Großereignisse auch mit wenig behördlichen Verfolgsdruck bedacht worden. Großereignisse wie dieses liefern der rechten Szene Möglichkeiten zur Vernetzung, der Stärkung der kollektiven Identität und letztendlich vor allem das Erwirtschaften von Geldern. (Quelle: Ticketverkauf) Sie ermöglichen den Kauf und Erhalt neuer Immobilien, decken die Anwaltsgehälter von NSU-Täter*Innen wie z.B. Ralf Wohlleben oder fließen direkt in den Untergrund um militante Nazikader zu unterstützen.

Die Gemeinde

Bereits im Vorfeld veröffentlichte die Gemeinde einen öffentlichen Brief in dem sie den Landkreis Weimarer Land, das Land Thüringen und den Ministerpräsident aufforderten die Veranstaltungen aufgrund der baulichen und verkehrstechnischen Lage zu unterbinden. Diesen, sowie eine Onlinepetition wollen wir zu Dokumentationszwecken veröffentlichen.

Unser Anliegen

Wir haben gesehen, dass aus ähnlichen Strukturen die Morde des NSU entstanden. Geldmittel, notwendige Gewaltbereitschaft und behördliches Desinteresse lassen sich erneut zeigen. Unsere Aufgabe muss darin bestehen, diese Zusammenhänge aufzudecken und zu bekämpfen. Wir wollen dementsprechend in erster Linie Informationen zu diesen Personen zusammentragen und diese öffentlich zugänglich machen. Doch sie sind nicht nur aufgrund ihrer gesellschaftlichen Gefahr anzugehen, sondern bereits früher. Allein ihre Gesinnung und der Wunsch, dass die autoritäre Formierung vorangetrieben wird, reichen aus, dass ihr Handeln nicht ohne Konsequenzen bleiben darf.

Erklärungen

NSU-Komplex“: Kurze Begründung, warum wir den Begriff „Komplex“ verwenden: Die staatlich aufrechtgehaltene Theorie des Trios aus Mundlos, Zschäpe und Böhnhardt ist widerlegt. Es gibt diverse Hinweise und Belege für die Verflechtung der örtlichen Neonaziszene und des Verfassungsschutzes in den verschiedenen Städten, wo sie mordeten. Egal wann und wo, sie standen immer im direkten Kontakt zur Szene. Wohlleben und Emminger sind frei. Der Verfassungsschutz macht dicht. Keine Akten, keine Zusammenarbeit, hauptsache Quellenschutz. Der Prozess und die „Urteile“ sind ein Schlag ins Gesicht der Opfer, ihrer Familien und Freunde. Die Aufklärung ist längst nicht beendet.

Quellen

Mobit rechte Häuser in Thüringen:

https://mobit.org/Material/MOBIT_Nach%20den%20rechten%20H%C3%A4usern%20sehen_2018.pdf

Christian Steinbrück Immobilie Niederroßla:

http://www.ilmtal-weinstrasse.de/news/index.php?rubrik=1&news=435644&typ=1

PDF öffentlicher Brief an den Landrat:

Offener Brief

Informationen und Bilder zur rechtsradikalen Konzertszene Thüringens